Ehemaliger Lehrstuhl für Slavische Philologie, Universität Bamberg, Deutschland
Die russische Literatur tritt mit Peter d. Gr. und der zeitgleichen Formierung einer eigenen Barockdichtung in den Epochenwechsel der westeuropäischen Literaturgeschichte ein. In diesem Prozess ist eine bewusste Übernahme der alten Denkmuster «translatio imperii» (преемство власти) und «translatio artium» (преемство искусств) zu beobachten. Dabei wandelt sich in kürzester Zeit das «подражание» – Modell in ein Originalitätswunder größter Maßstäbe. Keine andere Weltliteratur hat in solcher Rasanz, auslotender Tiefe und poetischer Suggestivität die ewigen Grundfragen nach Bild und Wesen des Menschen gestellt wie die russische Klassik. Ihre Werke sind auch heute noch ein einzigartiges Fragekompendium nach der «Bestimmung des Menschen» zwischen Tragik und Komik. Letztlich kann ihnen nur der «Wieder-Leser» gerecht werden.
Translatio artium; Bild und Bildung; застой und поспешность; die «Bestimmung des Menschen»; die Rolle des Lesers
Download textFor citing: Thiergen P. (2018). Translatio artium oder das Wunder der russischen Literatur. Teil 1. Human being: Image and essence. Humanitarian aspects. Moscow: INION RAN. Vol. 3(34): Anthropocentric paradigm in humanities, pp. 72-87.